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BAYERISCHER FORSCHUNGSVERBUND PRIONEN

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LMU 19 a Untersuchungen zum Vorkommen und zur Stabilität des BSE Erregers in Lebensmitteln (Schwerpunkt Milch und Milchprodukte) und Umwelt

Arbeitsfeld:

Verbraucherschutz
http://www.wzw.tum.de/micbio/

Eine wissenschaftlich fundierte Risikoanalyse zum Vorkommen des BSE Erregers in und der möglichen Übertragbarkeit mit der Milch fehlte zu Beginn der zweiten Förderperiode in der wissenschaftlichen Literatur. Aktuelle Daten sind nicht zuletzt im Sinne des erbraucherschutzes von hohem politischem Interesse. Nachdem in der ersten Förderperiode ein schneller und sensitiver ELISA entwickelt und an einem breiten Organspektrum der drei gängigen Hauswiederkäuer Rind, Schaf und Ziege validiert worden war, konzentrierten sich die Arbeiten in der zweiten Forschungsperiode auf Eutergewebe und Milch der drei oben genannten Spezies. Ziel war es zum einen die Expression des zellulären Prion Protein in diesem Probenmaterial mittels ELISA, Western-Blot und Immunhistochemie zu bestimmen, zum anderen wurden Milchproben von künstlich mit BSE bzw. Scrapie infizierten Schafen untersucht. Die Ergebnisse der Proben klinisch gesunder Tiere zeigten, dass es bei der Expression von PrPc in der Milchdrüse und der Sekretion in die Milch deutliche tierartspezifische Unterschiede gibt. Während im Rind PrPc nur in aktiv sezernierenden Epithelzellen nachzuweisen ist, findet man in Schaf eine vom Laktationsstadium unabhängige deutlichere Expression. Das Eutergewebe von Ziegen zeigt eine intermediäre Prion Expression und Verteilung. In Kuhmilch schlug der PrPc Nachweis fehl, wohingegen in Schaf- und Ziegenmilch das Protein in den verschiedenen Milchfraktionen zu finden war. Die von den künstlich infizierten Schafen stammenden Proben sind zum Abgabezeitpunkt noch nicht vollständig untersucht. Drei der mit Scrapie infizierten Tiere und zwei BSE infizierte Tiere zeigten im Colostrum ein positives ELISA Ergebnis. Diese Proben konnten, bis auf eine, im Western-Blot bestätigt werden, wobei sich jedoch kein typisches PrPsc Bandenmuster zeigte, sondern das Prion Protein ein für die zelluläre Form typisches Molekulargewicht hatte. Die Ergebnisse zeigen zum ersten Mal das Vorkommen einer PK resistenten, nicht-typischen Form des Prion Proteins in Milch. Eine abschließende Bewertung im Sinne des Verbraucherschutzes könnte nur im Rahmen eines Folgeprojektes durch einen Infektionsversuch geklärt werden. Das Ziel des zweiten Teilprojektes war es, lebensmittelrelevante Bakterien zu finden, die in der Lage sind PrPSc unter milden Bedingungen abzubauen. Wir haben uns innerhalb der großen Gruppe an zur Verfügung stehenden Bakterien auf jene konzentriert, die in der Käseherstellung eingesetzt werden und daher zumeist über eine sehr hohe proteolytische Aktivität verfügen. Oberflächengereifter Käse ist charakterisiert durch eine Entwicklung eines komplexen mikrobiellen Konsortiums. Obwohl das Konsortium sehr heterogen ist, besteht es zum größten Teil aus Hefen und gram-positiven Bakterien, wie Arthrobacter, Corynebacterium, Brevibacterium, Brachybacterium, Microbacterium und Staphylococcus [1]. Viele dieser Bakterien sind als außerordentlich proteolytisch beschrieben worden. Während der Käsereifung sekretieren die Bakterein Proteasen und Lipasen, die dann in den Käse hinein diffundieren. Durch die enzymatische Zersetzung von Proteinen und von Fetten wird ein wichtiger Beitrag zum Geschmack und Aroma des Käses geleistet. Die Bakterienzellzahl kann leicht bis zum 109 Zellen/cm2 und mehr betragen. Wäre es möglich einige der Bakterien, die zur Käsereifung genutzt werden als solche zu identifizieren, die unter nahezu nativen Bedingungen PrPSc abbauen, würde dies eine neue Methode zur PrPSc- Dekontamination darstellen. Gerade milde und schonende Dekontaminationsbedingungen wären für die Lebensmittelherstellung von großem Interesse und würden das Verbraucherrisiko stark senken. Darüber hinaus wäre die Desinfektion von medizinischem Operationsbesteck eine weitere wichtige Einsatzmöglichkeit für eine schonende PrPSc- Desinfektion [2, 3, 4]. Im Rahmen dieses Projekts wurde zunächst mit einem groß angelegten Bakterien-Screening begonnen und dafür die abteilungseigene Bakteriensammlung (Weihenstephan Culture Collection) eingesetzt, bestehend aus Actinomycetales (Micrococcineae und Corynebacterineae), sowie Bacillales (Bacillaceae und Staphylococcaceae). Bacillus wurde in das Screening mit aufgenommen, da Bacillus häufig im Lebensmittel vorhanden ist und darüber hinaus mittlerweile probiotische Bacillus Stämme dem Tierfutter zugesetzt werden [5]. Insgesamt wurden 691 Bakterienstämme untersucht, die in 164 Spezies, 12 Genera und 9 Familien eingeteilt werden konnten. Die 12 Genera waren: Arthrobacter, Kocuria, Brevibacterium, Brachybacterium, Microbacterium, Curtobacterium, Corynebacterium, Dietzia, Rhodococcus, Bacillus, Staphylococcus und Serratia. Von den fast 700 Stämmen konnten 6 Stämme identifiziert werden, die eine genügend aktive Protease sekretieren, um PrPSc innerhalb eines infizierten Hamsterhirnhomogenates abzubauen. Dabei handelt es sich um folgende Stämme: Arthrobacter nicotianae, Bacillus licheniformis, Brachybacterium conglomeratum, Brachybacterium tyrofermentans und Staphylococcus sciuri und Serratia proteamaculans. Der Serratia Stamm wurde erst während des Screenings als solcher identifiziert, denn dieser Stamm war ursprünglich als ein Bacillus Stamm ins Screening mit aufgenommen worden. Auf Grund der hohen proteolytischen Aktivität wurde der Stamm jedoch in die weiteren Arbeiten eingeschlossen. Im Anschluss an das Screening wurden die Proteasen der obengennannten 6 Stämmen näher charakterisiert. Zunächst wurde für alle Enzyme eine klassische Proteinreinigung und anschließende Sequenzierung angestrebt. Allerdings konnten nur jene Proteine näher bestimmt werden, die zumindest in einer ausreichenden Konzentration vorlagen. Des Weiteren liegen für zahlreiche Bakterien, wie beispielsweise Brachybacterium, keine Sequenzinformationen in den Datenbanken vor. Das bedeutet, eine Identifizierung ist nur über eine möglichst hohe Homologie zu anderen Proteinen möglich. Insgesamt haben wir bisher zwei Zink-abhängige Metalloproteasen identifiziert, die zum einen von Serratia proteamaculans und zum anderen von Brachybacterium conglomeratum sekretiert werden. In beiden Fällen handelt es sich um Proteasen, die bisher nicht in der Datenbank zu finden sind, oder die in der Literatur beschrieben worden sind. Allerdings zeigt die Protease von Serratia proteamaculans eine 92% Homologie zu Serralysin, eine Protease von Serratia marcescens auf. Beide Proteasen sind sehr effektiv in der Abbaureaktion von PrPSc, die im Western-Blot verfolgt werden kann. Die Protease von Serratia proteamaculans konnte rekombinant hergestellt werden. Auch dieses Protein zeigt den Degradationseffekt. Darüber hinaus ist die Serratia proteamaculans- Insertionsmutante, die keine intakte Protease mehr sekretieren kann, nur noch in geringem Umfang proteolytisch aktiv. Ziel des dritten Teilprojektes war es, die Stabilität von PrPSc im Gastrointestinaltrakt von Rindern und anderen Nutztieren zu untersuchen, um Aussagen zur Verbreitung und Ausscheidung von TSE-Erregern treffen zu können. Bislang ist nicht bekannt, ob infektiöses Prion-Protein (PrPSc) während der Verdauung durch mikrobielle Prozesse abgebaut und inaktiviert wird. In der Regel werden Proteine aus Futtermitteln im polygastrischen Verdauungssystem der Wiederkäuer nahezu vollständig verdaut. Während 70-90 % der Proteine im Pansen vorwiegend durch Bakterien abgebaut werden, erfolgt ein weiterer Protein-Abbau durch proteolytische Bakterien der Mikroflora im Colon. Um zu überprüfen, ob dies auch auf die Struktur des Prion-Proteins zutrifft, wurde die komplexe Mikroflora des Gastrointestinaltraktes auf die Fähigkeit des PrPSc-Abbaus getestet. Hierfür wurden Inkubationsversuche mit Scrapie-infizierten Hamsterhirnhomogenaten (Stamm 263K) oder BSE-infizierten Rinderhirnhomogenaten und den komplexen Intestinalinhalten von Mastbullen, -käbern und -schweinen durchgeführt. Die Detektion von PrPSc als Marker für Prion-Infektiosität erfolgte immunochemisch nach PKVerdau und Western-Blot. Dabei konnte Scrapie-assoziiertes PrPSc nach einer Inkubation von bis zu 40 Stunden sowohl mit bovinen Pansen- als auch mit Coloninhalt im Western-Blot immunochemisch nicht mehr nachgewiesen werden. Die 20stündige Inkubation von Scrapie infizierten Hirnhomogenaten und der komplexen Mikroflora im Colon von Kälbern und Schweinen führte ebenfalls zu einem signifikanten Signalverlust von PrPSc im Western-Blot. Die Ergebnisse der biochemischen Analyse gaben somit den Hinweis auf eine Degradation von PrPSc durch die gastrointestinale Mikroflora von Nutztieren. Untersuchungen von Beekes et al. (1996) zeigten eine quantitative Korrelation zwischen der Menge an PrPSc, welches immunochemisch mit dem monoklonalen Antikörper 3F4 im Western-Blot detektiert wurde, und dem Erregertiter in Scrapie infizierten Hamsterhirnen. Um Aussagen über eine Inaktivierung von PrPSc durch die bovine Gastrointestinalflora zu treffen, wurden Tierversuche durchgeführt und die Infektiosität in den Ansätzen nach der Degradation von PrPSc bestimmt. Obwohl PrPSc im Western-Blot immunochemisch nicht detektierbar war, wurde im Bioassay dennoch signifikante Prion-Infektiosität nachgewiesen. Folglich korrelieren die Resultate der biochemischen Analyse nicht mit den Ergebnissen des Bioassays. Dies wäre durch eine fehlende Sensitivität der immunochemischen Nachweismethode erklärbar, mit der Folge, dass gewisse Mengen an PrPSc unterhalb der Nachweisgrenze des Western-Blots bzw. eine nicht detektierbare Subfraktion von PrPSc die Infektiosität verursachen. Darüber hinaus könnten andere infektiöse Moleküle und Strukturen unabhängig von PrPSc vorhanden sein. Im Gegensatz zu den Ergebnissen des Degradationsassays mit Scrapie infizierten Hamsterhirnhomogenaten, wurde nach Inkubation mit bovinen Pansen- und Coloninhalten für 40 Stunden keine Verringerung des BSE-assoziierten PrPSc-Signals im Western-Blot festgestellt. Dies impliziert eine höhere Stabilität von BSE-assoziierten PrPSc gegenüber dem mikrobiellen Abbau im Gastrointestinaltrakt von Rindern, obwohl Kuczius und Groschup (1999) nachgewiesen haben, dass BSE-assoziiertes PrPSc weniger resistent gegenüber Proteinase K-Verdau ist als Scrapie-assoziiertes PrPSc. Jedoch zeigen die Ergebnisse der Langzeit-Inkubationsstudien mit BSE-Hirnmaterial und den bovinen Intestinalinhalten über 6 Tage im Western-Blot eine Reduktion des PrPSc-Signals. Unabhängig davon muss die Inaktivierung von BSE-assoziierten PrPSc durch die bovine Gastrointestinalflora in Tierversuchen überprüft werden. Zusammenfassend zeigen diese Daten, dass PrPSc als Marker für Prion-Infektiosität in Inaktivierungsstudien ungeeignet ist. Vielmehr muss der Zusammenhang von Verlust des PrPSc-Signals in der biochemischen Analyse in vitro und der Verlust von Prion-Infektiosität im Tierversuch in vivo unabhängig voneinander analysiert werden. Letztendlich kann eine Kontamination der Umwelt durch das Ausscheiden von infektiösen Faeces nicht ausgeschlossen werden.

Informationen

Gründungsdatum

07.2001

Ende

06.2007

Gefördert durch

Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst

Gefördert durch

Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz